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In der Zeitschrift FUNKBASTLER von 1926 fiel mir ein redaktioneller Artikel auf, mit r.h. gezeichnet, und mit dem provozierenden Titel " Sender ohne Hochfrequenz" überschrieben. Nicht ganz zutreffend, denn es wird doch ein HF- Sender benötigt. Allerdings an den Stellen, wo sich Mikrofon und/oder Hörer befinden, fehlt tatsächlich jeglicher HF- Erzeuger. So ist das von Siemens und Halske angegebene Verfahren insbesondere für Stationen ohne Stromversorgung gedacht gewesen, in unwegsamem Gelände oder auf Flugzeugen.

 

 

Vergessene Trickschaltungen : "Reflexionsfunk"

Kommunikation ohne eigenen HF-Generator

 

Die Idee stammt vielleicht aus der Zeit der tonnenschweren Maschinensender. Auch die ersten Röhrensender waren Schwergewichte. Allerdings wird ein sauberes, unmoduliertes Dauersignal benötigt. Falls die Theorie auch erprobt wurde - darüber steht nichts im Artikel - wird man wohl einen Mittelwellensender nachts ohne Modulation als HF- Generator verwendet haben. Je nach Leistung dürfte eine Kommunikation zwischen zwei Stationen möglich gewesen sein, die einige Kilometer vom Sendeturm entfernt aufgebaut wurden, und voneinander einige 100m entfernt waren. Aber das ist meine eigene unmaßgebliche Spekulation. Im Artikel ist nur das verblüffend einfache Prinzip erklärt:

Prinzip der modulierten Reflexion

Nehmen wir an, ein Sender erzeugt ein sich gleichmäßig ausbreitendes Hochfrequenz- Feld. Wird eine Antenne darin auf Resonanz abgestimmt, tritt sie in Wechselwirkung mit diesem Feld. Angenommen, sie hat keinerlei Verluste, dann wird die ganze induzierte Leistung wieder abgestrahlt, und zwar mit dem ihr eigenen Richtdiagramm. Es gibt nun eine Überlagerung des primären Feldes mit dem sekundären, reflektierten. Wobei der Ausdruck "reflektiert" üblicherweise als " einseitig zurückgeworfen" verstanden wird, was als Spezialfall bei komplizierteren Antennen auch zutreffen kann. Wir wollen hier den Begriff Reflexion als eingängige Kurzform für "beeinflusste Wiederausstrahlung des empfangenen Hochfrequenzsignals" weiter verwenden.

Wird in der Nähe der Antenne eine zweite installiert, wird man mit dieser feststellen können, ob die erste auf Resonanz ist oder abgeschaltet, vorausgesetzt, die zweite befindet sich in der Abstrahlrichtung der ersten. Im Bild sind Vertikaldipole gezeichnet. Die haben Rundumstrahlung, so dass wir uns um die Richtung künftig nicht mehr zu kümmern brauchen. Statt sie an- und abzuschalten, was zur Übertragung von Telegraphie nutzbar wäre, wird die erste Antenne im beschriebenen Vorschlag durch ein sogenanntes Ohmsches Mikrofon unterschiedlich stark gedämpft. Das ist wohl ein Kohlemikrofon, bei dem der Widerstand durch den Schalldruck verändert wird. Die Antennen sind wie üblich durch Spule und Kondensator zu einem Resonanzkreis ergänzt. Über einen Detektor wird das HF- Signal demoduliert. Ohne die erste Antenne hört man zunächst nichts im Hörer der zweiten Station, weil der Sender ja unmoduliert ist. Wird bei der ersten Antenne aber ins Mikrofon gesprochen, ändert sich die Reflexion im Takt der Sprache.

Heute würden wir sagen: Die erste Antenne strahlt nicht nur einen Teil der empfangenen HF-Leistung wieder ab, sondern erzeugt auch zwei Seitenbänder. Denn die Reflexion ist amplitudenmoduliert. Heute könnten wir einen schmalbandigen Einseitenband- Empfänger mit einer Richtantenne verwenden und würden denken, das Signal komme ursprünglich von der Antenne 1.

Gegensprechen mit zwei Reflexions- Funkstationen

In Bild sind zwei gleiche Stationen gezeichnet. Jede hat also Mikrofon und Hörer. So ist Gegensprechen (bzw. Wechselsprechen) auf einer einzigen Frequenz möglich, nämlich der des speisenden Senders. Theoretisch sind beliebig viele gleiche Stationen möglich. Denn jede Antenne beeinflusst das Feld. Die wie beim Telefon erforderliche Brückenschaltung zur Entkopplung ist hier nicht eingezeichnet. Vielleicht hat man auch mit Schaltern abwechselnd Mikrofon und Detektor kurzgeschlossen.

Praktische Verwendbarkeit

Leider berichtet der Artikel nichts über praktische Versuche. Wahrscheinlich war die Zeit noch nicht reif dafür. Und als man es hätte realisieren können, wurde es nicht mehr benötigt, weil autarke Sender kleiner und leichter geworden waren. Auch hätte man den starken Versorgungssender auf Kurzwelle oder UKW legen müssen, in schwach genutzte Frequenzbereiche. Ein weiterer Nachteil: Amplitudenmodulation ist gerade für solche Anwendungen mit großen Pegelunterschieden sehr störanfällig. Jede Stromleitung mit korrodiertem Erdanschluss kann genauso wirken, wie eine Reflexions- Funkstation.

Frequenzmodulation ist da günstiger. Damit hat der Verfasser in den 70er Jahren ein Gegensprechgerät auf einer Frequenz realisiert. Allerdings ohne unmodulierten Zentralsender, also mit aktiven Stationen statt Reflexionsstationen. Aber viele Probleme waren ähnlich, insbesondere der Einfluss von Gegenständen, die als reflektierende Antennen das HF- Feld modulierten.

Gegensprechen auf einer einzigen Frequenz wurde meines Wissens bisher nur für ein Plessey- Einseitenband- Militärfunkgerät bis zur Serienreife entwickelt.

Die andere Entwicklungsrichtung, die von der hier beschriebenen Siemens- Idee ausgeht, führte zu den heute als Warenetiketten oder zur Zugangskontrolle verwendeten passiven Transpondern. Auch sie beziehen ihre Sendeenergie aus dem HF- Feld eines stärkeren Senders. Sie senden dann selber allerdings auf einer anderen Frequenz.

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