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Trickschaltungen: Die Reflexschaltung von Lehne
 

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Nach einer Veröffentlichung mit dem Titel: Eine vereinfachte Reflexschaltung, Anleitung zum planmäßigen Aufbau, von Studienrat Lehne. Dieser Artikel im FUNKBASTLER, Heft 4, 1928 ist eine Fundgrube, was vergessene Tricks beim Bau von Radiogeräten angeht.

In der Zeitschrift FUNKBASTLER von 1928 fiel mir die im Artikel von Studienrat Lehne in Heft 4 beschriebene Reflexschaltung auf. Inwieweit die dort vorgestellten Ideen und Tricks von ihm selbst stammen, kann ich nicht beurteilen. Mich hat weniger die Historie als vielmehr die Technik interessiert. Und beim Lesen des Artikels hat man das Gefühl: Das war ein echter Bastler im damaligen positiven Sinne! Er hat alles, was er schreibt, vorher selber ausprobiert. Als Studienrat wird er nicht vom Fach gewesen sein. Aber auch damals sind wohl die besten Ideen von Außenseitern gekommen.

Man findet im FUNKBASTLER und in alten Lehrbüchern einiges über Reflexschaltungen. Fast immer sah das dann so aus: Auf einen Hochfrequenzverstärker mit meist neutralisierter Triode folgte eine Koppelspule zum eigentlich selektiven Schwingkreis eines Audions. Dieses war mit einer zweiten Triode bestückt und zeigte die mannigfaltigsten Ausführungsformen bezüglich Rückkopplungsschaltung und Bedienung. Es bildete das Herz des Radios, alles andere waren Ergänzungen. Der nachfolgende Niederfrequenzverstärker mit einer dritten Triode war ein notwendiges Übel, wollte man etwas mehr Lautstärke im Kopfhörer haben. Er wurde meist stiefmütterlich behandelt, weil er nach einem guten Audion mit Vorstufe nichts zur Verbesserung der Empfindlichkeit beitragen konnte.

Übliche Radios zu Lehnes Zeiten

1928 war ein Jahr mit Aufbruchstimmung. Man wollte nun auch andere mithören lassen und baute Radios, an die Lautsprecher angeschlossen werden konnten. Die damaligen Endtrioden benötigten eine Gitterwechselspannung von typisch 10 V, die ein Audion nicht liefern konnte. Man musste also noch eine vierte Triode für einen zusätzlichen NF- Vorverstärker spendieren. Da war man schnell auf die Idee gekommen, dass der Hochfrequenzverstärker mit den schwachen Antennensignalen garnicht voll ausgelastet war, sondern gleichzeitig auch noch die Niederfrequenz verstärken konnte. Das Zusammenführen vor dem Gitter und das Trennen hinter der Anode bereitete keine wesentlichen Probleme. Die Kennlinie musste freilich einigermaßen gerade sein, weil sich an krummen Kennlinien die Signale gegenseitig modulieren.

In den meisten Reflexschaltungen wurde die Niederfrequenz vom Ausgang des Audions zum Gitter des HF- Verstärkers zurückgeleitet. An dessen Anode lag dann hinter der HF- Koppelspule der Arbeitswiderstand für die Niederfrequenz. Das war damals bei einem 2- Röhren- Gerät meistens direkt der Kopfhörer, oder bei einem 3- Röhren- Gerät ein Übertrager zum Gitter der Endröhre. Als man statt der Anoden- Batterien Netzgeräte verwenden konnte, kam auch mehr und mehr die Widerstand- Kondensator- Kopplung auf. Die benötigt nämlich eine höhere Betriebsspannung.

Die Reflexschaltung war also zuerst nur zur weiteren Verbesserung großer Radios mit drei oder mehr Röhren eingesetzt worden. Da ist der Titel des Artikels von Lehne, ''Eine vereinfachte Reflexschaltung'' wohl in erster Linie auf den Gesamtaufwand zu beziehen, weniger im Sinne von einfacher in der Funktion. Durch die geringere Zahl von Bauteilen wurde natürlich auch der mechanische Aufbau erleichtert, der damals den größten Teil der Arbeit bedeutete. Die Minimalschaltung, Reflexröhre plus Detektor, war kaum verbreitet, denn sie brachte nur ein mäßiges Ergebnis bei umständlicher Bedienung. Lehnes Ziel war es, aus einer einzigen Triode möglichst viel Empfindlichkeit und Lautstärke herauszuholen, und trotzdem die Bedienung beherrschbar zu gestalten.

Ein verbessertes Audion von Lehne

Damalige Rückkopplungsaudions waren oft außerordentlich kritisch zu bedienen. Zu diesem Thema verweist Lehne auf einen früheren Artikel, der mir nicht vorliegt. Das Wichtigste daraus wiederholt er jedoch im Artikel von 1928: Sein Trick ist die Verwendung einer Rückkopplungsspule mit sehr hoher Windungszahl an der Anode.

Übliche Audions mit Selektionskreis am Gitter haben nur eine kleine Koppelspule, die vom HF- Anteil des Anodenstroms durchflossen wird, und bei richtiger Polung den Gitterkreis entdämpft. Die Phasenverschiebung an der Anode hängt vom Arbeitswiderstand ab. Bei ohmschem Widerstand ist die Anodenspannung gegenphasig zur Gitterspannung. Eine kleine Spule, lose gekoppelt, ist induktiv, fest gekoppelt überträgt sie transformatorisch den ohmschen Resonanzwiderstand. Deshalb muss eine kleine Koppelspule so gepolt sein, dass eine Phasenumkehr erfolgt.

Dimensioniert man die Koppelspule größer als unbedingt erforderlich, besteht die Gefahr, dass sie mit der Wicklungskapazität und anderen Anodenkapazitäten auf der Empfangsfrequenz in Resonanz kommt. Durch die Gitter- Anoden- Kapazität kommt es dann zur Selbsterregung nach Huth- Kühn. Diese lässt sich aber nicht so einfach allein durch Veränderung der Stellung der Rückkopplungsspule regeln.

Eine Rückkopplungsspule noch höherer Induktivität wirkt ganz anders. Lehne beschreibt die komplexen Verhältnisse aus anderer Sicht, aber ich möchte es in Kurzform folgendermaßen plausibel machen: Zusammen mit der Anodenkapazität ergibt die Eigenkapazität der Spule einen Schwingkreis, deren Resonanzfrequenz niedriger als die Empfangsfrequenz liegt. Dieser zeigt der Anode auf der Empfangsfrequenz bei sehr loser Kopplung einen kapazitiven Arbeitswiderstand. Dann läuft die Phase 90 Grad einer Phase hinterher, die am ohmschen Arbeitswiderstand entstehen würde, also gegenüber der Gitterspannung bei 270 Grad = -90 Grad. Die Spulenkapazität bildet zusammen mit der Gitter- Anodenkapazität einen Spannungsteiler für die Gitterwechselspannung. Die Phase an der Anode wird dadurch noch weiter Richtung Null Grad gedreht. Deshalb muss für eine Entdämpfung eine große Koppelspule so angeschlossen werden, dass die Phase NICHT invertiert wird.

Für genauere Betrachtung muss man die gegenseitige Verstimmung der Kreise wie bei einem 2- Kreis- Bandfilter berücksichtigen, was Lehne noch nicht wissen konnte, aber experimentell beobachtete. Dabei fand er, dass sich durch Variieren der Abstände zwischen den drei Spulen eine Stellung finden ließ, die über einen verhältnismäßig breiten Frequenzbereich beibehalten werden konnte. Nur der Abstimmdrehko musste bedient werden. Bei allen anderen damals üblichen Rückkopplungsaudions musste man bei jedem Sender erneut die Rückkopplung anpassen. Erst spätere Pentodenaudions waren einfacher zu bedienen.

Entdämpfung eines HF-Verstärkers mit großer Rückkopplungsspule

Die Erfahrungen beim Bau des Audions mit großer Rückkopplungsspule konnte Lehne auch bei der Entdämpfung eines Hochfrequenz- Vorverstärkers einsetzen. An seiner Audionschaltung musste er nur den Arbeitspunkt so verlegen, dass statt bester Demodulation eine lineare HF- Verstärkung erzielt wurde. Die Demodulation erledigte ein nachfolgender Detektor, der direkt an die Anode angeschlossen werden konnte, wie das Schaltbild zeigt. Man muss tatsächlich genau hinsehen, um die Unterschiede zu einer normalen Audionschaltung zu entdecken, von der Reflexfunktion einmal abgesehen, die natürlich ins Auge fällt. Es war damals übrigens nicht üblich, Wicklungsrichtungen im Schaltbild darzustellen. Der Pfeil deutet eine variable Kopplung an, da kann eine Drehung um 180 Grad eingeschlossen sein. Dass die Spulenanschlüsse umgestöpselt werden müssen, schreibt Lehne im Text.

Normalerweise legte man die Eigenfrequenz der Anodenbeschaltung möglichst hoch. Lehne dagegen erkannte die Vorteile, wenn man das andere Extrem verwendet. Die große Spule stellt auf der Empfangsfrequenz eine kleine kapazitive Belastung dar, kann aber wie eine Anodendrossel als Arbeitswiderstand dienen. Anders als bei der kleinen Koppelspule reicht so die HF- Spannung an der Anode, um einen externen Demodulator anzuschließen. Damals waren noch Kristalldetektoren üblich, bei denen man manuell den wirksamsten Punkt mit der Nadel auf dem Kristall gesucht hat. Lehne empfiehlt aber ausdrücklich einen fest eingestellten Detektor. Germaniumdioden gab es erst viel später.

Wegen der Vorteile des Audions waren Detektoren überholt. Warum machte Lehne diesen Schritt zurück zum Detektor? Weil im Audion HF- und NF- Funktionen vereinigt sind, ist eine NF- Reflexschaltung damit nicht möglich. Aus der Triode kann man mit einer Reflexschaltung aber mehr Gesamtverstärkung herausholen, als aus einem reinen Audion. Auf die Vorteile einer Entdämpfung wollte man trotzdem nicht verzichten. Deshalb hatten schon einige versucht, eine Entdämpfung wie beim Audion auch beim normalen HF- Verstärker zu erzielen. Bei dem erforderte der Anodenschwingkreis eine zusätzliche Bedienung.

Man kann sich vorstellen, wie die Bastler kämpfen mussten: Innere Entdämpfung nach Huth- Kühn, äußere Rückkopplung durch die kleine Koppelspule, Bedämpfung durch Detektor und Antenne, und schließlich die damals noch nicht ganz durchschauten Verhältnisse bei einen 2- Kreis- Bandfilter! Gitterkreis und Anodenkreis stellen selbst bei abgeschalteter Stromversorgung ein kapazitiv-, und über die Rückkopplungsspule auch induktiv gekoppeltes Bandfilter dar. Da würde selbst ein erfahrener heutiger HF-Entwickler ins Schwitzen kommen.

Lehnes große Koppelspule, die gleichzeitig als Resonanzdrossel wirkt, stellt da tatsächlich eine gewisse Vereinfachung dar. Trotzdem ist das Ganze aus heutiger Sicht ein schier undurchschaubares Gemenge aus gegenseitigen Einflüssen. Aber damals zählte nur das Ergebnis. Und es war sogar reproduzierbar. Jedenfalls beschreibt Lehne Schritt für Schritt, wie man systematisch zum Ziel kommt. Erst wenn der entdämpfte HF- Verstärker durch Wahl eines günstigen Arbeitspunktes selber kaum noch als Demodulator wirkt, darf der Detektor angeschlossen werden, zunächst direkt mit dem Kopfhörer verbunden. Zum Schluss wird dann der Demodulator an den Reflexübertrager angeschlossen, wobei die Polung wichtig ist. Denn die unvermeidliche geringe Modulation der HF- Spannung durch das NF- Signal muss wie eine Gegenkopplung wirken. Andernfalls gibt es Kippschwingungen.

Einige Schaltungs- Details

Das Schaltbild zeigt einen weiteren Vorteil der Anodenbeschaltung. Für den NF-Anteil des Anodenstromes ist der Demodulator durch die Spule praktisch kurzgeschlossen. Über den Reflexübertrager kann so keine NF- Rückkopplung erfolgen. Die verstärkte NF erscheint nur im rechts angeschlossenen Hörer, der zur Ableitung der HF- Ströme durch einen Kondensator überbrückt ist.

Die drei im Schaltbild ohne Angabe von Werten eingezeichneten Kondensatoren sind in der Originalschaltung nicht zu finden. Sie wurden hier ergänzt, um das Schaltbild besser lesbar zu machen. Wir sind heute einfach gewohnt, geschlossene Stromkreise vorzufinden, von der Gleichstromzuführung einmal abgesehen. Es ist anzunehmen, dass die Kondensatoren tatsächlich damals im Gerät nicht zu finden waren. Man hat jedes Teil eingespart, das nicht unbedingt nötig war. Wenn der Innenwiderstand der Batterie niedrig genug war, hat man keinen Kondensator parallelgeschaltet. Und auch die Wicklungskapazität des Übertragers wurde hier hinter dem Detektor als Siebkondensator anscheinend für ausreichend erachtet, zumal die Sekundärseite ja noch durch den 500cm Kondensator überbrückt ist.

Das Potentiometer in der Zuleitung zur direkt geheizten Kathode wird zur Einstellung des Arbeitspunktes verwendet. Einerseits über die Heizleistung, die nicht so genau auf Sollwert gehalten werden musste, wie bei späteren indirekt geheizten Röhren - Man fand sogar Lautstärkeregelung über die Heizung, was natürlich für die Batterielebensdauer vorteilhaft war. Aus dem Text geht hervor, dass mit dem Poti auch die Gittervorspannung eingestellt wurde. Da diese um einiges höher als die Heizspannung war, ist das wohl so zu verstehen, dass bei der Heizbatterie Zellen dazugeschaltet wurden, um auf die höhere Gittervorspannung zu kommen. Mit dem Poti wurde die Spannung dann wieder auf die für die Heizung erforderliche abgesenkt. Für feinfühlige Arbeitspunkteinstellung fügt Lehne in die positive Heizleitung ebenfalls ein Poti ein. Durch paralleles Verstellen lässt sich dann bei konstanter Heizspannung jede Gittervorspannung wählen.

Das zeigt auch wieder die damalige Denkweise. Wir würden doch lieber eine extra Gitterbatterie mit einem extra Potentiometer verwenden. Das wäre aber eine hochohmige Schaltung, müsste also mit einem großen Kondensator für NF und HF überbrückt werden. Also zwei teure Teile, schwer zu beschaffen, gegen relativ billige Drahtpotis für die Heizleitung. Einen Papierkondensator für höhere Kapazitäten von Hand zu wickeln, war schwieriger, als einen Übertrager mit 20000 Windungen. 50 Jahre später mit den Wickelautomaten war es umgekehrt.

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