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Alte und neue Arbeiten
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An der Quelle
Nach einigen Jahren war mir die Bauteile- Bibliothek der ganzen Entwicklungsabteilung zugeteilt worden. Den anderen war sie lästig, aber ich brauchte sie auch deshalb am häufigsten, weil ich für die Qualität der eingekauften Bauteile zuständig war. Nicht direkt für deren Prüfung, sondern für die Liefervorschriften, die zu den Kaufverträgen gehörten.
Etwas nervig war der Andrang der Vertreter der Herstellerfirmen oder Vertrags- Distributoren. Wenn diese unsere Bibliothek sahen, Bücher und Ordner rund um das Besprechungszimmer, waren sie immer so beeindruckt, dass sie sich mächtig am Riemen rissen. Weil unsere Stückzahlen aber selbst im Bereich der Taxifunkgeräte nicht mit Unterhaltungselektronik vergleichbar waren, hatte ich manchmal Hemmungen, zuviel zu wünschen. Daher konnte ich nicht direkt Datenbücher zu Computer-ICs, neuesten Fernsehern, Videorecordern oder auch zur Telefon- Kommunikationstechnik erbitten. Da brachten die Kreuzelzeitungen manchmal mehr, wenn gerade eine Aktion vor einer Messe anstand.
Die Firmen waren sehr unterschiedlich freigiebig. An manche kam man einfach nicht heran. So wusste ich mir nach 1990 keinen anderen Rat, als auf Privatrechnung bei Sony englischsprachige Datenbücher zu den mich persönlich interessierenden Sparten zu kaufen. Das bedauerte ich schon bald, weil ich sehr selten in hiesigen Sony-Geräten ICs aus diesen Büchern finden konnte. Auch war es bei vielen Firmen 1990 nicht mehr üblich, Innenschaltungen oder vielseitige Applikationen abzudrucken. Nur noch selten schaute ich in diese teuren Bücher.
Und dann kam das Internet. In der Zwischenzeit gingen immer mehr Hersteller dazu über, anstelle von Datenbüchern CD-ROMs zu verschicken. Bald hatten sich die PDF- Dateien durchgesetzt. Diese bildeten dann im Internet den Grundstock für die Datenblatt- Dienstleister. Manche IC- Hersteller nahmen dies zum Anlass, ihr eigenes Spektrum online abrufbar zu machen.
Hobby Auskunftei via Internet
In diese Zeit fiel mein Berufsende, und somit auch das Ende weiteren Datenblatt- Zugangs. Das Internet in Aufbruchsstimmung hatte einen anderen Stil als heute. Ein Gratisangebot war noch nichts Verdächtiges, sondern etwas gerne Gesehenes. Das Angebot, in meiner Sammlung nach Datenblättern zu suchen, die sonst schwer zu finden waren, wurde stark nachgefragt, obwohl die Wartezeiten beträchtlich waren. Erst als die Suchmaschinen lernten, das Angebot der kommerziellen Datenblatt- Anbieter zu durchforsten, und diese sich an die Bedürfnisse der Suchmaschinen angepasst hatten, rutschte ich in den Suchergebnissen nach hinten - was mir ganz recht war. So bleiben für meine Freizeit- Auskunftei nur die wirklichen Exoten übrig, denn da bin ich dann mal oben im Suchergebnis.
Aus email- Korrespondenz konnte ich schließen, und auch andere Quellen bestätigen die Tendenz, dass Reparatur alter Geräte ganz aus der Mode gekommen ist. Was aber auch daran liegt, dass sich, ausgehend von der Computertechnik und den Handies, die Miniaturisierung so verbreitet hat, dass man das Meiste gar nicht mehr reparieren kann. Wegwerfen und neu kaufen ist billiger. Die letzten Anfragen zwecks Beschaffung von Ersatzteilen oder Ersatz durch Nachentwicklung kamen von Liebhabern von Oldtimer- Autos mit Analog-Elektronik, z.B. für El.-Zündung. Fast alle Anfragen kamen aus dem Ausland. In Deutschland scheinen nicht einmal mehr die Funkamateure Zeit und Lust zum Reparieren zu haben.
Neue Zeiten - neue Ziele
Ich gehöre zu denen, die Tendenzen extrapolieren und daraus Folgerungen ableiten. Ich war froh, dass ich der Versuchung nicht erlegen war, meine Papiermengen zu digitalisieren. Es wäre selbst für ein Unternehmen teuer geworden, von einer Person sowieso nicht zu schaffen. Es hätte sich nicht gerechnet. Dazu kamen die Probleme mit dem Copyright, denn viele Hersteller existieren noch oder haben einen Rechtsnachfolger. Von allen hätte man die Erlaubnis einholen müssen, digitalisierte Unterlagen im Internet anzubieten.
Das Warten hat sich gelohnt. Inzwischen gibt es einen Großteil der Bücher professionell gescannt im Internet. Ich konnte also meine Exemplare entsorgen. Das hat hier schon ordentlich Luft gebracht. Einige wenige blieben übrig, diese scannte ich selber. Der letzte Durchgang war mühsam und verteilte sich über mehr als ein Jahr: Meine Sammlung loser Datenblätter (8 Kartei-Schubladen. Ein Stapel wäre rund fünf Meter hoch gewesen) musste durchforstet werden nach Datenblättern, die Typen enthielten, die in keinem der Internet- Bücher vorgekommen waren. Kleinere Hersteller konnten sich Bücher nicht leisten. Japanische Firmen übersetzten nur, was angefragt wurde, usw.. Im Grunde Ausnahmen, aber auch wenige Prozent von fünf Meter ist eine Menge Papier, und jetzt ein lange Liste von PDFs.
Um nicht zuviel scannen zu müssen, schränkte ich die Auswahl ein, wobei ich
verstärkt auch den Aspekt des historischen Wertes einfließen ließ. Auf diesen komme ich in
den Einleitungen zu
IC-Datenblattsammlung und
Zur Halbleiter- Sammlung zurück.
Vorher empfehle ich die Erklärungen zu den unterschiedlichen Typnummern- Schlüsseln bei
Diskreten und ICs unter
Sammlungen und Sortierung